Offroad fahren im T4 Syncro

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Ein VW T4 als Transporter oder Camper kommt abseits befestigter Wege schon recht weit, selbst wenn er keinen Allradantrieb hat. Mit einfachen Mitteln kann man einen T4 auch noch etwas „geländegängiger“ machen. Mit einem Allradantrieb, also als SYNCRO, geht es dann natürlich noch ein gutes Stück weiter.

SYNCRO irgendwo in der kasachischen Steppe
Saharasand ohne Allradantrieb
Saharasand mit dem T4 ohne Allradantrieb (Sandbleche und stark reduzierter Luftdruck helfen weiter)

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Faktoren, die beim Offroad Fahren Einfluss haben:

  1. Gewicht des Fahrzeuges
  2. Außenabmessungen (Länge / Breite / Höhe)
  3. Bodenfreiheit sowie Böschungswinkel und Rampenwinkel
  4. Art der Reifen
  5. Richtiger Reifendruck (oft unterschätzt)
  6. Kraftübertragung auf die Räder (2WD oder 4WD)
  7. Kraftübertragung durch Untersetzung bzw. über Sperren
  8. Know How und Erfahrungen des Fahrers (Technik ersetzt keine Fähigkeiten)

Es gibt also viele Aspekte, die das Fahrzeug gut oder schlecht abseits der Straßen vorankommen lassen. Der Allradantrieb ist nur ein Faktor dabei. Der wichtigste Punkt ist aus meiner Sicht die Erfahrung des Fahrers. Die beste Technik nutzt wenig, wenn man diese nur schlecht beherrscht oder Situationen falsch einschätzt.

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Allradantrieb beim T4 SYNCRO – Prinzip, Vor- und Nachteile:

Die bisherigen Betrachtungen haben allgemeine Gültigkeit für jedes Fahrzeug. Wie funktioniert nun der Allradantrieb beim VW T4?

Funktionsprinzip Kraftübertragung am T4

Unter normalen Fahrbedingungen wird der T4 SYNCRO nur über die Vorderräder angetrieben. Die Vorder- und Hinterräder drehen gleich schnell. Kommt es zu Drehzahlunterschieden z.B. durch durchdrehende Vorderräder, überträgt die Visco-Kupplung auch die Antriebskraft auf die Hinterräder. In dieser Kupplung läuft ein Paket Lamellen in einem Ölbad, das die Drehzahlunterschiede wieder ausgleicht und so die Kraft auf die Hinterräder geleitet wird. Das alles geschieht ohne Eingriff des Fahrers. Darin liegt ein Vorteil aber auch gleichzeitig ein konstruktionsbedingter Nachteil.

Vorteile des Prinzip SYNCRO:

Der Allradantrieb steht immer zur Verfügung, wenn er benötigt wird. Der Fahrer muss nicht dazuschalten, anhalten oder etwas beachten. Aus dem Blickwinkel „Fahrkomfort“ könnte man fast von einem permanenten Allradantrieb sprechen, da er immer automatisch abgerufen wird.

Nachteile des Prinzip SYNCRO:

Der Vorteil ist auch gleichzeitig der größte Nachteil. Der Fahrer kann keinen Einfluss auf den Allradantrieb nehmen, er kann ihn nicht vorab aktivieren, um schlechte Wege besser zu fahren. Der Allrad aktiviert sich erst, wenn das Problem schon da ist – nicht vorher. Ab Werk ist die Visco-Kupplung so gebaut, dass sie etwa 400 Nm auf die Hinterachse überträgt. Dabei haben sich die Entwickler an der Motorleistung der T4 in den 90er Jahren orientiert, als 60 PS für den T4 der Standard waren. Die Visco wurde leider über die Jahre an die gestiegene Motorleistung beim T4 nicht mit angepasst. So werden heute auch bei einem T4 mit 102 PS auch nur 400 Nm übertragen, bei einer verschlissenen Visco noch deutlich weniger. Das ist im Gelände nicht immer ausreichend und so kommt es auch bei einem T4 SYNCRO dazu, dass er sich z.B. unter ungünstigen Bedingungen im Sand über die Vorderräder eingräbt.

Nachteile reduzieren:

Abhilfe schafft hier eine Visco-Kupplung der Firma Kern aus Österreich, die sich auf diese Technik spezialisiert hat. Unser T4 hat jetzt eine Kern-Visco bekommen, die deutlich früher reagiert und statt 350 – 400 Nm etwa 550 Nm auf die Hinterräder überträgt. Das bedeutet zeitiger erheblich mehr Kraft (etwa + 40%) auf die Hinterräder. Das Fahrverhalten des T4 hat sich offroad erheblich verbessert. Man hat das Gefühl, dass der Allradantrieb ständig präsent ist und immer da ist, wo er gebraucht wird. Einen ausführlichen Testbericht wird es von uns noch zur Kern-Visco geben.

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Den Fahrer fit machen fürs Gelände:

Üben, üben, üben

Die beste Technik nutzt wenig, wann man sie nicht sicher beherrscht. Daher ist es wichtig, nicht nur das Fahrzeug mit Utensilien zu behängen, sondern diese auch sicher zu beherrschen. Ein Übungstag in der Kiesgrube oder im Offroadpark kann ja auch Spaß machen. Gleichzeitig trainiert man auch das Einschätzen von Situationen, wird beim Fahren abseits der Straße sicherer und reduziert die Fehlermöglichkeiten.

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Den T4 fit machen fürs Gelände:

Bergebox, Sandbleche (GSM-Pionierbleche 1,30 m), HiLift und Zusatzstauboxen (für längeren Touren)

Höherlegung: Bodenfreiheit kann man nie genug haben. Zum Glück kann man einen T4 relativ einfach um einige cm höher legen. Der finanzielle Aufwand ist überschaubar (wenige Hunderter), um etwa 4 – 7 cm mehr Luft unter das Auto zu bekommen. Bei einem Syncro ist darauf zu achten, dass das Differential dabei angesenkt werden muss, um Verspannungen zu vermeiden.

Motorunterfahrschutz: Ein Unterfahrschutz für den Motor kann größere Beschädigungen (z.B. Ölwanne) vermeiden, wenn man doch mal über einen Stein kratzt. Konstruktionen aus Stahlblech gibt es es ab/um 200,- €.

AT-Reifen: Reifen werden entsprechend dem Einsatzzweck hergestellt. So gibt es neben reinen Straßenreifen AllTerrain-Reifen, die für eine Mischnutzung ausgelegt sind. Das Profil ist etwas gröber, die Selbstreinigung besser und der Flankenschutz beugt seitlichen Beschädigungen vor. Wir fahren einen General Grabber AT3 in der Größe 205-70-15. Wir haben bewußt auf einen größeren Reifen verzichtet, der zwar die Bodenfreiheit nochmals erhöht hätte, dafür aber die Kraftübertragung negativ beeinflußt. Es gibt auch MudTerrain-Reifen, die allerdings für den reinen Offroadeinsatz konzpiert sind und auf der Straße deutliche Nachteile haben.

Sonstiges: Eine Anhängerkupplung (ist am T4 sehr stabil befestigt) schützt vor kleinen Aufsetzern bei knappem Böschungswinkel am Heck und kann auch gut als Befestigungspunkt für einen Bergegurt usw. benutzt werden. Ein Schwellerschutz, der die Bodenfreiheit nicht oder wenig reduziert, könnte beim T4 (besonders beim langen Radstand) sinnvoll sein. Vielleicht wird das noch ein zuküftiges Projekt. Eventuell wird es an unserem Bus auch mal eine zweite Abschleppöse vorn geben, um bei einer Bergung die Punktbelastung bzw. die auftretenden Kräfte am Fahrzeug zu halbieren. Eine Seilwinde halte ich nicht für notwendig. Sie bietet Bergemöglichkeiten nur nach vorn und benötigt einen Ankerpunkt (den man zur Not auch improvisieren kann).

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Ausrüstung für Bergung / Selbstbergung:

Die Ausrüstung und das Know How sollte immer den Schwerpunkt auf die Selbstbergung haben. Auch wenn ein „Retter“ zur Stelle ist, muss das Fahrzeug oft erst freigelegt oder angehoben werden. Dazu sollte man alles an Bord haben. Oft spielt sich eine Bergung auf nachgebendem Untergrund (Sand, Schlamm usw.) ab. Fährt man sich doch mal fest: Niemals versuchen, sich freizuwühlen. Meist gräbt man sich schnell tiefer ein und vergrößert den Bergeaufwand erheblich! Zwei Dinge sind wichtig: Eine solide Möglichkeit, das Fahrzeug anzuheben und eine stabile Unterlage für die Räder. Mit einem HiLift und einem Rad-Adapter können wir unser Auto an allen vier Ecken hochheben – notfalls über einen Meter. Da der HiLift am Rad befestigt wird, muss man nicht noch zusätzlich den Federweg überbrücken. Unter zwei Problemräder können wir dann die Sandbleche legen, notfalls bei den anderen Rädern improvisieren.

Wir haben dabei:

– HiLift (Umgang muss geübt werden)
– 2 Sandbleche aus Alu, 1,30 m lang
– Kinetisches Bergeseil 9 m (Umgang muss geübt werden)
– Bergegurt
– 2 Stahlschäkel, 1 Seilschäkel
– 40 mm Brett als Unterlage für den HiLift
– Klappspaten (sehr gut im Sand als „Hacke“ zu benutzen)
– AirJack Wagenheber als Luftkissen, der mit dem Kompressor funktioniert
– 2 Walkie Talkie (Kommunikation zum Einweisen oder Bergen)

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Richtiger Reifendruck:

Um die Kraftübertragung der Reifen auf den Untergrund zu verbessern, reduziert man offroad den Luftdruck. Dadurch verlängert sich die Auflagefläche der Reifen. Es entsteht mehr Auflagefläche, um die Kräfte zu übertragen, gleichzeitig verringert sich der Druck auf den Boden. Je nach Untergrund kann der Druck dann z.B. bei steinigen Grund um 20% reduziert werden, im weichen Sand auch um 70%. Grundsätzlich ist der reduzierte Druck vom Fahrzeuggewicht und Reifentyp abhängig. Auch wenn man Wellbleckpiste fährt, macht ein reduzierter Druck die Strecke erträglicher.
Die folgende Grafik zeigt (für mein Fahrzeug und meine Reifen) die Auflagefläche bei unterschiedlichem Reifendruck. Bei anderen Fahrzeugen bzw. Reifen können die Angaben abweichen, das Prinzip bleibt aber.

Reifenauflage bei unterschiedlichem Druck
Reifenauflage bei unterschiedlichem Druck

Wenn man den Reifendruck stark absenkt, reduziert man damit leider auch die Bodenfreiheit des Fahrzeuges. Auch werden die Flanken der Reifen einer größeren Gefahr der Beschädigung ausgesetzt, da sie sich nach außen wölben. In der Praxis bedeutet das: Wechselt der Untergrund z.B. von stark sandig zu steinig, sollte man rechtzeitig den Druck wieder erhöhen. Das Mitführen eines Kompressors ist daher zwingend notwendig.

Reduzierte Bodenfreiheit bei stark abgelassenem Luftdruck

Ist der Luftdruck in den Reifen reduziert, muss er ja irgendwann auch wieder erhöht werden. Ein vernünftiger Kompressor (möglichst nicht aus der 20,-€-Klasse) sollte immer an Bord sein. Falls man öfter den Asphalt verläßt, lohnt sich der feste Einbau eines Kompressors, um das Befüllen so einfach wie möglich zu halten. Wir haben einen T-Max-Kompressor hinten über dem linken Radkasten verbaut. Der originale Spiralschlauch reicht an alle Räder. So spart man sich das lästige Auspacken aus der Werkzeugbox, Motorhaube öffnen, Batterieabdeckung entfernen usw. … Wir müssen nur die Heckklappe öffnen, den Schlauch an das Ventil klemmen und den Kompressor einschalten.

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Fahren:

Man muss akzeptieren, dass der T4 als ca. 5 m langer Kastenwagen kein Hardcore-Offroader ist. Schaut man sich verschiedene Reisefahrzeuge an, die auch abseits der Straße unterwegs sein können, bietet der T4 Syncro einen sehr guten Kompromiss aus „Wohnkomfort“ und Geländegängigkeit bei moderaten Unterhaltskosten. Auch auf Fernreisen außerhalb Europas bewegt man sich überwiegend auf befestigten Straßen oder Wegen. Das was der T4 Syncro offroad kann, reicht definitiv für die Weltreise aus. Dazu ist man mit einem sehr soliden und zuverlässigen Fahrzeug unterwegs. Unser erster T4 hat uns pannenfrei auf 335.000 km in Europa, Asien und Afrika immer ans Ziel gebracht.

Tipps:
– Außenspiegel so einstellen, dass mit die Hinterräder im Blick hat
– Reifendruck rechtzeitig dem Untergrund anpassen
– Die Visco braucht mindestens 1.500 U/min im ersten Gang, um zu wirken
– Bei Steigungen oder starken Gefällen nie Kuppeln bzw. schalten. Gang vorher wählen
– Starke Gefälle immer in der direkten Fallinie fahren, niemals schräg oder seitlich, nicht bremsen
– Im Weichsand mit 2.500 bis 3.000 U/min fahren (max. Kraft beim Diesel)
– Schwierige Abschnitte vorab zu Fuß erkunden
– Fährt man sich fest, keine Wühlversuche – man gräbt sich dabei schnell tief ein

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Für Euch alle eine gute und pannenfreie Fahrt auf der Straße ebenso, wie offroad. 🙂


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